Auswirkungen von zwangsweisen Spielpausen auf das Spielverhalten
Dipl.-Ing. Niklas Hopfgartner
Freitag, 24.03.2023
In Maßen ist das Glücksspiel, insbesondere das Online-Glücksspiel, für die meisten Menschen eine unterhaltsame und unbedenkliche Freizeitaktivität. Problematisches Glücksspiel kann sich jedoch negativ auf die Lebensqualität von Spielern und ihren Familienangehörigen auswirken. Daher ist die Prävention und Eindämmung von problematischem Glücksspiel ein wichtiges Ziel für Glücksspielbehörden und politische Entscheidungsträger. Es wurden bereits mehrere Strategien entwickelt, um diese Ziele zu erreichen, wie z.B. personalisierte Nachrichten, Festlegung von Einzahl- und Zeit-Limits, sowie freiwillige Selbstausschlüsse und Zwangspausen. Die Wirksamkeit solcher Strategien ist Gegenstand fortlaufender Forschungsarbeiten.
Im speziellen werden Zwangspausen dazu eingesetzt, um lange Spielsitzungen zu unterbrechen und den Spielern eine "Abkühlphase" vom Glücksspiel zu ermöglichen. Einige wenige Forschungsarbeiten, die sich mit solchen Zwangspausen befassen, deuten jedoch darauf hin, dass längere Zwangspausen das Verlangen nach Glücksspiel erhöhen können. Daher ist die Wirksamkeit längerer Zwangspausen und die Frage, wie lang eine solche Zwangspause sein sollte, noch nicht ausreichend geklärt.
Um diese Fragen zu klären, führten die vorgestellten Studien in der Forschungswerkstatt ein kontrolliertes Experiment gemeinsam mit dem norwegischen Glücksspielbetreiber Norsk Tipping durch. Vor der Studie hatte Norsk Tipping bereits eine Zwangspause von 90 Sekunden nach 60 Minuten Spielzeit für alle Spieler eingeführt. Die Pause wird als Pop-up-Meldung mit einem Countdown angezeigt, der die Zeit bis zum Ende der Pause anzeigt. Die Spieler können während der Pause auf eine Schaltfläche klicken, die sie auf die Spielerschutz-Website von Norsk Tipping weiterleitet. In den vorgestellten Studien wurde ein randomisiertes Experiment durchgeführt, wo die Spieler verschiedenen Interventionsgruppen zugeteilt und für das Verhalten vor dem Experiment kontrolliert wurde, um festzustellen, welche Spieler am meisten von längeren Zwangspausen von bis zu 15 Minuten profitiert haben. Außerdem wurde eine Schaltfläche hinzugefügt, mit der sich die Spieler während der Pause direkt von der Webseite abmelden konnten.
Die Spieler wurden während des Experiments nach dem Zufallsprinzip einer der folgenden Gruppen zugeteilt:
- Die Kontrollgruppe hatte die gleiche Zwangspause wie zuvor. Spieler, die 60 Minuten lang gespielt hatten, erhielten eine 90-sekündige Zwangspause.
- Die Gruppe "Break 90" war identisch mit der Kontrollgruppe, jedoch mit einer zusätzlichen Schaltfläche zum Abmelden von der Webseite auf der Pop-up-Nachricht.
- Die Gruppe "Break 300" war identisch mit der Gruppe "Break 90", aber die Dauer der Zwangspause betrug 300 Sekunden (5 Minuten).
- Die Gruppe "Break 900" war identisch mit der Gruppe "Break 90", aber die Dauer der Zwangspause betrug 900 Sekunden (15 Minuten).
Außerdem wurden Informationen über die Interaktionen der Spieler mit der Pop-up-Nachricht gesammelt. Es wurde untersucht, ob die Spieler auf die Schaltflächen klickten (z.B. „Abmelden“), ihren Webbrowser schlossen oder darauf warteten, bis das Pop-up wieder verschwand. Das Experiment dauerte einen Monat und danach erhielten alle Spieler wieder die gleiche 90-sekündige Zwangspause wie vor der Studie. Insgesamt wurden schlussendlich 12.510 Spieler untersucht, die mindestens eine Zwangspause vor und mindestens eine Zwangspause während des Experiments hatten.
Zuerst wurde untersucht, ob die Dauer der Zwangspausen unterschiedliche Auswirkungen auf die Spieler hatte, je nachdem, wie lange ihre durchschnittliche Zeit bis zur nächsten Spielrunde nach einer Zwangspause vor dem Experiment war. Die Spieler wurden dazu in zwei Kategorien eingeteilt: In "gemütliche" Spieler, die nach einer Zwangspause länger brauchten, um eine neue Spielrunde zu beginnen, und die "eiligen" Spieler, die eher schnell wieder weiterspielten. Während des Experiments nahm die Zeit bis zur nächsten Spielrunde in den beiden Gruppen zu, je länger die Zwangspause war. So steigerten beispielsweise die "eiligen" Spieler mit einer 15-minütigen Zwangspause ihre Zeit bis zur nächsten Spielrunde um 1863%. Bei den „gemütlichen“ Spielern mit einer 15-minütigen Zwangspause stieg die Zeit bis zur nächsten Spielrunde um 966 %. Die Zeit bis zur nächsten Spielrunde wurde immer erst nach Ablauf der Zwangspause gemessen, um sicherzustellen, dass nur die freiwilligen Pausen der Spieler gemessen wurde.
Als Nächstes wurden die Interaktionen mit den Pop-up-Nachrichten untersucht. Über alle Gruppen hinweg hatten die Spieler, die nicht mit den Pop-up-Nachrichten interagierten und nur das Ende der Pause abwarteten, die kürzeste Zeit bis zur nächsten Spielrunde. Im Vergleich zu den Spielern, die nicht auf das Pop-up reagierten, hatten die Spieler, die die Spielerschutz-Website besuchten, eine längere Zeit bis zur nächsten Spielrunde. Die längste Zeit bis zur nächsten Spielrunde hatten schließlich diejenigen, die sich aktiv über die entsprechende Schaltfläche abmeldeten. Bei der Kontrollgruppe war die Wahrscheinlichkeit am geringsten, dass die Spieler mit der Pop-up-Nachricht interagierten. Spieler, die längere Zwangspausen erhielten, interagierten mehr mit der Pop-up-Nachricht, und die Unterschiede zwischen den „eiligen“ und den „gemütlichen“ Spielern wurden mit längeren Zwangspausen kleiner.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Spieler während des Experiments längere freiwillige Pausen einlegten, je länger die Zwangspausen dauerten, und dass dieser Effekt nach dem Experiment größtenteils wieder verschwand. Nur Spieler, die eine hohe Anzahl von 15-minütigen Zwangspausen erhielten, behielten nach dem Experiment einen kleinen Teil dieses Effekts bei. Außerdem wirkte sich das Experiment nicht auf die Spielerbindung aus, da nach dem Experiment weiterhin rund 97% der Spieler in allen Gruppen aktiv waren. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass nach Beendigung des Experiments keine größeren langfristigen Effekte übrigblieben und somit in diesem Fall eine dauerhafte Implementierung einer 15-minütigen Zwangspause empfohlen ist.
Weiterführend:
[1] Hopfgartner, N., Auer, M., Santos, T., Helic, D., & Griffiths, M. D. (2023). Cooling Off and the Effects of Mandatory Breaks in Online Gambling: A Large-Scale Real-World Study. International Journal of Mental Health and Addiction.
[2] Hopfgartner, N., Auer, M., Santos, T., Helic, D., & Griffiths, M. D. (2021). The Effect of Mandatory Play Breaks on Subsequent Gambling Behavior Among Norwegian Online Sports Betting, Slots and Bingo Players: A Large-scale Real World Study. Journal of Gambling Studies.