§ 284 StGB und die Vollziehbarkeitstheorie: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Florian Tautz
Mittwoch, 08.01.2025
Das VG Bremen entschied mit Beschl. v. 18.12.2024, 5 V 2737/24 über einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Spielhallenerlaubnis. Dabei machte es einige interessante Ausführungen, die durch die Verwaltungsakzessorietät des Glücksspielstrafrechts bedingt sind.
Die Antragstellerin hat eine Spielhallenerlaubnis erhalten, die allerdings mittels einer Drittanfechtungsklage angegriffen wurde. Nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO entfaltet eine Anfechtungsklage in Bezug auf den Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Um diese aufschiebende Wirkung zu beseitigen hat die Antragstellerin einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO, hilfsweise auf Duldung des Fortbetriebs der Spielhalle, gestellt.
Die Antragsgegnerin hat jedoch mitgeteilt, dass die Drittanfechtungsklage der Fortsetzung des Spielhallenbetriebs nicht im Wege stehe, da trotz der aufschiebenden Wirkung eine wirksame Erlaubnis vorliege. Das Gericht führt dazu weiter aus, dass die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht zu einem unerlaubten Glücksspiel i.S.d. § 284 Abs. 1 StGB führe. Maßgeblich sei „allein, ob formal eine wirksame Erlaubnis zur Veranstaltung eines Glücksspiels“ vorliege. Das Gericht folgt der sog. Vollziehbarkeitstheorie, wonach trotz aufschiebender Wirkung der Verwaltungsakt – im vorliegenden Fall die Spielhallenerlaubnis – nicht unwirksam werde. Die Vollziehbarkeitstheorie entspricht der herrschenden Ansicht und wird etwa auch vom Bundesverwaltungsgericht vertreten. Ähnlich wie das VG Bremen in dem vorliegenden Beschluss hat auch das VG Düsseldorf mit den Urteilen v. 27.02.2024, 3 K 8182/23 und v. 12.03.2024, 3 K 4841/22 die Wirksamkeit von Spielhallenerlaubnissen trotz Drittanfechtungsklagen beurteilt.
Das VG Bremen argumentiert angesichts der Schutzzwecke von § 284 Abs. 1 StGB auch mit dem Zweck des Erlaubnisverfahrens, das nur zu der Erlaubnis eines auch aus Spielerschutzgesichtspunkten regelkonformen Angebots führen soll. Ein Erlaubnisverfahren findet vor der Erlaubniserteilung statt, sodass ungeachtet der dann erfolgenden Drittanfechtungsklage davon ausgegangen werden kann, dass dem Schutzzweck des § 284 Abs. 1 StGB genügt wird.
Das Gericht betrachtete das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin also mit Blick auf die Mitteilung durch die Antragsgegnerin und die darauf erfolgende Wiedereröffnung der Spielhalle als entfallen und den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig.